Michał Platkow-Gilewski, seines Zeichens Vizepräsident für Public Relations and Communications bei CD Projekt, hat in einem Interview mit der englischsprachigen Webseite gamesindustry.biz ein u.U. nicht unbedingt optimales Statement abgegeben, welches man von einem Profi in diesem Feld (Kommunikation) eigentlich nicht erwarten würde.

„Ich glaube tatsächlich, dass Cyberpunk beim Start besser war als es angenommen wurde, und sogar die ersten Reviews waren positiv. Dann wurde es cool, es nicht zu mögen.”

Diese Aussage mag so mancher in den falschen Hals kriegen, klingt sie doch danach als würde er den Spielern zumindest eine Teilschuld zuweisen. Es hätte alles so toll sein können, wenn nur die doofen Kunden sich nicht so zickig angestellt hätten. Das ist nicht unbedingt die schlauste Form, um, wie in einem anderen Teil des Interviews gesagt, „das Verhältnis zu den Spielern zu reparieren”.

Dass erste Pre- und Reviews auch bei vielen nicht so gelungenen Spielen positiv sind, ist weder neu noch ungewöhnlich. Jeder, der sich ein wenig in der Unterhaltungsbranche (seien es Kinofilme oder Videospiele) auskennt, weiß, dass die Medien abhängig sind vom Publisher, der sie mit Vorabversionen und anderem Exklusivmaterial versorgen muss. Und in den Redaktionen ist bekannt: Wer zu kritisch berichtet, der erhält in Zukunft keinen Zugang mehr. Dann verliert man den wertvollem Marktvorteil, als erster (oder einer der ersten) mit einem Bericht zum Spiel am Markt zu sein. So zeigt sich oft ein krasser Unterschied zwischen den Wertungen der Konsumenten und denen der Kritiker.

Lange ist es her, aber die älteren Leser werden sich vielleicht noch daran erinnern, dass auch die ersten Berichte zu Gothic 3 überwiegend positiv waren. Die breite Masse der Spieler war jedoch nicht so angetan vom Produkt und seinen technischen und spielerischen Mängeln. Das Phänomen ist also weder neu noch auf Cyberpunk 2077 beschränkt.

Auch dem Hype gibt Platkow-Gilewski eine Mitschuld. Dieser habe die Entwickler unter großen Druck gesetzt. Sicherlich verständlich, aber wer hat diesen Hype am meisten voran getrieben? CD Projekt selbst und die Medien, die auch die o.g. positiven Reviews verfassten. Die Fangemeinde als lediglich passiver Rezipient kann da bei der Verantwortung nicht mithalten. Als derjenige, der letztlich bei CD Projekt dafür verantwortlich ist, die Medien zum Zwecke der Absatzmaximierung zu instrumentalisieren, müsste Platkow-Gilewski es eigentlich besser wissen...