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NEWS Cyberpunk 2077: CD Projekt zahlt 1,85 Millionen Dollar, um Sammelklage beizulegen

geschrieben von foobar am 16.12.2021, 16:30 Uhr

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Nach der Veröffentlichung von Cyberpunk 2077 in, sagen wir mal, suboptimalem Zustand, dauerte es nicht lange bis die ersten Gerichtsprozesse auf das polnische Unternehmen zukamen. In den USA wurde der Publisher zum Ziel einer Sammelklage.

CD Projekt vermeldet nun, dass man den Streit außergerichtlich beigelegt habe und sich bereit erkläre, 1.850.000 US-Dollar an die Kläger zu zahlen. Für Normalsterbliche sieht das nach einer hohen Summe aus, verglichen mit dem Budget des Spiels und den Beträgen, die bei Sammelklagen in den USA durchaus üblich sind, ist es allerdings überraschend wenig.

Warum wurde also die Klage außergerichtlich beigelegt? Natürlich verrät das keiner der Beteiligten, aber man kann spekulieren. Zunächst mal ist wichtig zu verstehen, dass nicht Spieler geklagt hatten, welche sich das Spiel gekauft hatten, sondern Anteilseigner, die der Meinung waren, dass sie höhere Profite gemacht hätten, hätte CD Projekt ein besseres Spiel abgeliefert. Man kann sich ausmalen, dass dies nicht unbedingt trivial zu beweisen ist. Es könnte außerdem argumentiert werden, dass es gerade die Investoren waren, die Druck auf den Publisher ausübten, das Spiel endlich zu veröffentlichen – egal, in welchem Zustand.

Apropos Beweise: Während hier in Deutschland in einem Zivilprozess keine Partei gezwungen werden kann, Dinge offen zu legen, die ihrer Position schaden, ist dies in den USA anders. Dort gibt es eine Phase im Verfahren namens „Discovery” (Aufdeckung), in welcher jede Seite von der anderen alle Unterlagen und sonstigen Beweise verlangen kann, die ihrer Position nützen. Auch Zeugen können außergerichtlich, aber unter Eid, vernommen werden (sog. „Deposition“). Was sicherlich der Wahrheitsfindung dienlich ist und erst einmal nützlich klingt, ist aber auch einer der wesentlichen Gründe, warum Prozesse in den USA deutlich teurer sind als hier bei uns. Dutzende von Anwälten müssen, gemeinsam mit Experten im jeweiligen Fachgebiet (hier bspw. aus den Bereichen Finanzen und Computerspiele), Zeugen vernehmen, Aussagen lesen, Unterlagen studieren und Abläufe rekonstruieren. Das kostet viel Zeit von Leuten, die dafür nicht zu knapp bezahlt werden möchten.

Und in den USA gilt der Grundsatz, dass jede Partei ihre eigenen Kosten trägt. Unabhängig davon, ob sie am Ende gewinnt oder nicht. Es gibt ein paar Ausnahmen von dieser Regel, aber normalerweise zahlt man alles selbst. Es muss sich also in beinahe allen Fällen jede Partei fragen, ob es Sinn macht, sich vor Gericht um einem Betrag von bspw. 10.000 Dollar zu streiten, wenn einen das Verfahren selbst bei einem Sieg am Ende 30.000 Dollar kosten würde.

Es gibt Leute, die das zu ihren Gunsten ausnutzen und gezielt Firmen verklagen, in der Hoffnung, dass diese lieber außergerichtlich ein paar Tausend Dollar zahlen, damit man weg geht, anstatt es auf einen Prozess mit 5- bis 6-stelligen Kosten ankommen zu lassen. Ob dies hier auch der Fall ist, kann man natürlich nicht mit Sicherheit sagen. Aber es war sicherlich eine Überlegung auf Seiten von CD Projekt: Schaffen wir die Sache für unter 2 Mio. Dollar aus der Welt, oder lassen wir es auf einen langwierigen Prozess ankommen, der durchaus mehr kosten könnte, selbst, wenn wir am Ende gewinnen?

Ferner sollte man das Konzept der Sammelklage („class action“) an sich verstehen. Dieses Instrument des amerikanischen Rechtssystems, welches wir hier in Deutschland so nicht haben, erlaubt es einem einzelnen Kläger, stellvertretend für alle, die gleichermaßen betroffen sind, zu klagen. Wenn also zum Beispiel Rülpsi Cola durch eine defekte Charge 5 Millionen Leute vergiftet, dann muss nicht jeder dieser 5 Millionen Betroffenen separat vor Gericht ziehen, jeweils nachweisen, dass seine Gesundheitsprobleme von Rülpsi verursacht wurden und die exakte Schadenshöhe belegen. Sondern es klagt einer als Stellvertreter und alle anderen werden quasi mit angeschlossen im dem Sinne, dass deren Fälle genau so ablaufen würden. Der Stellvertreter erkämpft eine (möglichst große) Summe, die dann auf alle anderen umgelegt wird. Theoretisch spart das der Justiz Zeit und den meisten der Betroffenen einen potentiell nervenaufreibenden und teuren Gerichtsprozess. In der Praxis läuft es allerdings oft so, dass die Anwälte hinterher ein paar Millionen Dollar an Honorar kassieren und die Betroffenen einen Gutschein über 3,50 Euro kriegen, für welchen sie noch ein 8-seitiges Antragsformular ausfüllen müssen, oder so etwas in der Art. Auch für die Kläger ist eine Sammelklage also keine sichere Wette.

Vermutlich werden am Ende beide Seiten entschieden haben, dass es billiger kommt, sich irgendwie zu einigen.

Der weitere Ablauf wird so aussehen, dass die beiden Parteien ihre Einigung nun dem Richter vorlegen werden, der sie bestätigen muss. Üblicherweise ist das eine reine Formalität und jeder Richter freut sich, Kram vom Tisch zu haben. Bei Sachen, die Minderjährige betreffen oder, wie hier, bei Sammelklagen guckt allerdings manch ein gewissenhafter Ausnahmerichter doch noch einmal etwas genauer hin, um zu schauen, dass die anderen Mitglieder der Klasse nicht über’s Ohr gehauen werden (siehe 3,50-Euro-Gutschein). Wahrscheinlich wird die Einigung also akzeptiert werden, aber theoretisch könnte der Richter sie auch verweigern und dann müsste sie nochmal überarbeitet werden.

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